Wenn die Gefäße eng werden:

PAVK, eine unterschätzte Krankheit

Liegen in den Arterien Engstellen vor, spricht man in der Medizin von der arteriellen Verschlusskrankheit (AVK). In den meisten Fällen sind die Arterien des Beckens und der Beine betroffen. Man spricht dann von der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit oder PAVK. Durch Engpässe oder Verschlüsse im Gefäß werden der Blutfluss behindert und die betroffenen Körperteile nicht mehr ausreichend versorgt.

Im Anfangsstadium reicht die Durchblutung noch aus, so dass noch keine Beschwerden beim Laufen auftreten. Später kommt es beim Gehen zu Schmerzen. Der Volksmund sagt zu dieser Erkrankung viel zu verharmlosend „Schaufensterkrankheit“, da die Betroffenen nach kurzen Gehstrecken immer wieder durch ihre Schmerzen zum Stehenbleiben gezwungen werden. Schon in diesem Stadium haben die Patienten eine deutlich reduzierte Lebenserwartung.

Risiko schlechte Durchblutung

Wer erkrankt an einer PAVK? Der Heidelberger Arzt Friedrich Tiedemann stellte im 19. Jahrhundert nicht gänzlich zutreffend fest: „Es sind Männer der höheren Stände, die luxuriös leben, starke Weine trinken, sehr nahrhaftes Fleisch und gewürzte Speisen genießen und ein untätiges Leben führen.“ Heute weisen mehr als 80 Prozent der Patienten einen oder zwei dieser Risikofaktoren auf. Unabhängig vom ungesunden Lebensstil, der krankmachen kann, spielen Alter, Geschlecht und Vererbung bei der Entstehung einer PAVK auch eine Rolle: Menschen über 50 haben ein höheres Risiko, an einer PAVK zu erkranken – Männer ein größeres Risiko als Frauen.

Arterienverkalkung

Risiko für den ganzen Körper

Mit zunehmendem Lebensalter, eventueller Vorbelastung und ungesunder Lebensführung verlieren die Gefäße ihre Elastizität. Zusätzlich verengen sie sich durch Ablagerungen. Bei dieser allmählichen „Verkalkung“ lagern sich Fett-, Kalk- und Eiweißbestandteile im Gefäß ab. Diese sogenannten Plaques verengen das Gefäßrohr und schränken den Blutfluss ein. Diese Plaques können leicht aufbrechen. Wenn das passiert, lagern sich Blutplättchen an der brüchigen Stelle an und ein Gerinnsel (Thrombus) entsteht. Wenn das Gerinnsel die Arterie verstopft oder mit dem Blutstrom fortgerissen wird und ein Gefäß an einer anderen Stelle blockiert, kommt es zu einer bedrohlichen Situation: Es kann zum gefürchteten Herzinfarkt, Schlaganfall oder einem hochakuten Gefäßverschluss im Bein führen.

Ateriosklerose ist deshalb eine gefährliche Grunderkrankung, die viele Folgeerkrankungen verursacht.

Risiken für die Gefäße

  • Bewegungsmangel
    Allzu große Untätigkeit lässt den gesamten Stoffwechsel ins Stocken geraten. Je mehr Sie sitzen und liegen, desto schneller schrumpfen Muskeln und Fettpolster nehmen zu. Bewegungsarme Menschen habenein doppelt so hohes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden wie Menschen, die sich regelmäßig körperlich anstrengen.
  • Bluthochdruck
    Durch erhöhten Blutdruck werden das Herz und die innerste Arterienschicht (Endothel) geschädigt und die Gefäßelastizität verschlechtert. Das Aterioskleroserisiko steigt! Lassen Sie beim Arzt regelmäßig Ihren Blutdruck kontrollieren. Der obere Wert ist für Sie wichtig. Wer als oberen Wert (Systole) über 140 mmHg und als unteren Wert (Diastole) über 90 mmHg hat, sollte auf jeden Fall seinen Arzt um Rat fragen.
  • Zu hohe Blutfette (Cholesterin)
    Blutfette und sogenannte Neutralfette (Triglyceride) werden aus der Nahrung entnommen und im Blut transportiert. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres Körpers, doch ein Zuviel ist schädlich für die Gefäße. Meist steigt das Cholesterin durch eine zu fette fleischreiche Ernährung. Bei der Blutuntersuchung unterscheidet man zwischen dem „guten“ (HDL-Cholesterin) und dem „schlechten“ (LDL-Cholesterin). Das „Gute“ sollte einen möglichst hohen, das „Schlechte“ einen möglichst niedrigen Wert haben.
    Die Ernährung prüfen: Machen Sie sich schlau über eine ausgewogene Blutfett senkende Ernährung. Lassen Sie alle zwei Jahre Ihr Gesamtcholesterin (LDL- und HDL-Cholesterinkonzentration und Triglyceride) im Blut kontrollieren.
    Normalwerte sind: Gesamtcholesterinwert unter 200 mg/dl, das „gute“ HDL-Cholesterin ist bei Frauen bei 45 mg/dl oder darüber, bei Männern 40 mg/dl oder darüber. Die Triglyceride sollten unter 200 mg/dl sein. Das „schlechte“ LDL-Cholesterin sollte bei PAVK-Patienten deutlich unter 100 mg/dl sein.
  • Diabetes mellitus
    Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist eine chronische Stoffwechselkrankheit, bei der der Blutzuckerspiegel krankhaft erhöht ist. Es gibt Diabetes Typ 1 und Typ 2. Zu hohe Blutzuckerwerte gefährden die Gefäße. Diabetiker leiden häufiger an Ateriosklerose. Es kann zu Schäden der kleinen und kleinsten Blutgefäße und zu Verschlüssen großer Arterien kommen, wenn der Diabetes nicht behandelt wird. Die Blutzuckerkonzentration wird durch die beiden lebenswichtigen Hormone Insulin und Glukagon geregelt. Das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin senkt den Blutzuckerspiegel, vor allem nach kohlenhydratreicher Nahrung. Gerät dieser komplizierte Regelkreislauf durcheinander oder hat der Organismus zu wenig Insulin, erkrankt man an Diabetes mellitus.
    Es gibt zwei Diabetes-Typen:
    Typ 1 ist eine unheilbare Autoimmunerkrankung (das Abwehrsystem richtet sich gegen den eigenen Körper). Typ 2 nennt man auch Lifestyle-Diabetes, weil er sich mit einer gesunden Lebensführung zurückbilden kann. Übergewicht spielt bei der Entwicklung dieses Diabetestyps eine große Rolle – 90 Prozent aller Typ 2 Diabetiker sind übergewichtig und bewegungsarm.
    Bei übermäßigem und kalorienreichem Essen bildet die Bauchspeicheldrüse im Körper Insulin in Massen, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Doch durch diese gewaltige Ausschüttung werden die eigenen Körperzellen resistent (unempfindlich) gegen das Hormon – es kommt zu einer schweren Stoffwechselstörung, der Mensch erkrankt an Diabetes Typ 2. 80 % aller Typ 2 Diabetiker sterben an Herz- und Gefäßkrankheiten. Deshalb ist jeder Diabetiker auch ein Gefäßpatient.
  • Rauchen
    Rund 43 Prozent aller PAVK-Kranken sind Raucher. Im Tabakrauch sind ca. 4.000 gefäßgiftige chemische Substanzen nachgewiesen – jeder Zigarettenzug verändert im Blut eine Milliarde Sauerstoffmoleküle in freie Radikale, die wie Torpedos die Gefäßwände angreifen und damit eine Atheriosklerose fördern.
  • Übergewicht
    Jeder zweite Deutsche ist derzeit zu dick, jeder fünfte gar fettsüchtig und damit krank. Für den modernen Menschen ist zu viel essen Normalität geworden: Er verbrennt nur noch 38 Prozent der Energie – das Übermaß scheidet der Körper nicht einfach aus, sondern macht daraus die ungesunden Fettpolster.
    Übergewicht und zu viel Bauchfettmasse verstärken die anderen Risikofaktoren wie z.B. Bluthochdruck, Cholesterinerhöhung und Diabetes. Laut der Deutschen Adipositas Gesellschaft haben Frauen mit einem Taillenumfang ab 80 Zentimetern und Männer ab 94 Zentimetern ein deutlich erhöhtes Risiko, einen Diabetes oder eine Herz-Kreislauferkrankung zu entwickeln.

Checken Sie doch einfach mal Ihren BMI

Haben Sie eine PAVK?
Ist bei Ihnen eine PAVK festgestellt worden, sind Sie bei einem Internisten mit Schwerpunkt Angiologie (Gefäßmedizin) gut aufgehoben. Gewissenhafte Vorsorge, genaue Früherkennung und Therapie nach den neuesten abgesicherten Erkenntnissen: Das sind die Eckpfeiler, um das Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt oder Beinamputation zu senken.

DIE PAVK ist gefährlich!
In der Regel sind nicht nur die Arterien in den Beinen, sondern im ganzen Körper verengt. Deshalb haben PAVK-Patienten ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall – über 75 Prozent aller PAVK-Patienten sterben im weiteren Verlauf daran. Ihre Lebenserwartung ist im Vergleich zu Gesunden um acht Jahre verringert. Atheriosklerose als Ursache für die PAVK ist ein vielschichtiger Krankheitsprozess, der lange Zeit unterschätzt wurde. PAVK kann alle Gefäße betreffen und lange Zeit unbemerkt verlaufen. Weniger als die Hälfte der über 65Jährigen, die gelegentlich Beinbeschwerden haben, gehen überhaupt zum Arzt. Und nur 1 von 10 untersuchten PAVK-Patienten hatte Symptome. Deshalb ist es wichtig, eine PAVK rechtzeitig zu erkennen.

Mögliche Anzeichen für eine PAVK

  • Kühle, bleiche und marmoriert aussehende Haut
  • Trockene Haut der Beine und Füße
  • Schmerzen beim Gehen: in Wade, Oberschenkel oder Gesäß
  • starke Verhornung der Fußsohlen
  • ungewöhnlich langsam wachsende Zehennägel
  • Beinbehaarung geht verloren
  • Erektionsstörungen
  • Kleine Wunden heilen schlecht

Die Behandlung der PAVK:

  • Aktiv bleiben
  • Ausschalten der Risikofaktoren
  • Gehen und bewegen
  • Medikamentöse Therapie
  • Kathetertherapie
  • Operation

Die Abbildung zeigt das MRT-Ergebnis eines unserer Redakteure, der uns das Bild zur Verfügung gestellt hat. Der Verschluss in der Leiste wurde in der Angiographie mittels Setzen von Stents behoben.